Stürme im Theater

DAS SPEKTAKEL 2018: STÜRME! – Es ist nun bald vorbei!

Als im Herbst die Anfra­ge an unse­ren Ver­ein kam, das Thea­ter beim Spek­ta­kel zum "Sturm" von Wil­liam Shake­speare per­so­nell zu unter­stüt­zen, war ich sofort begeis­tert – viel­leicht eine Form der Depres­si­ons­be­wäl­ti­gung, was das Dilem­ma um den See und den so ver­pass­ten Sai­son­aus­klang betraf.

Anfangs waren wohl noch nicht alle in die­ser Hoch­stim­mung – nur so lässt sich die E-Mail-Rück­fra­ge eines Kame­ra­den erklä­ren: "Brau­chen wir Ruhm und Ehre?"

Bemer­kens­wert fand ich in die­sem Zusam­men­hang die E-Mail-Ant­wort eines ande­ren Kame­ra­den, der in sei­ner gewohnt über­schwäng­li­chen, aus­schwei­fen­den und wort­rei­chen Art mit "Ja" ant­wor­te­te. So nahm das Gan­ze sei­nen Lauf – unser Gro­ßer Vor­sit­zen­der nahm sich in sei­ner fast müt­ter­li­chen und für­sorg­li­chen Art der Sache an, und bin­nen kür­zes­ter Zeit ent­stand eine Spek­ta­kel-Ein­satz­lis­te, auf der durch ein- oder zwei­ma­li­gen Ein­satz vie­ler Ver­eins­mit­glie­der eigent­lich fast alle Ter­mi­ne kurz­fris­tig besetzt wer­den konn­ten. Es bedurf­te wohl nur noch gering­fü­gi­gen Ver­bal­drucks, um auch die letz­ten der 11 Ter­mi­ne per­so­nell beset­zen zu können.

Die kurz­fris­ti­ge Bereit­schaft und die­se fast schon mili­tä­ri­sche Per­fek­ti­on hat wohl nicht nur die Dra­ma­tur­gin des Thea­ters, Frau Simon­eit, beein­druckt und über­rascht. Für unse­ren Ver­ein sind sol­che Aktio­nen sicher auch in vie­ler­lei Hin­sicht ein Gewinn! Aber nun zum Dienst an der Kultur.

Wie Ande­re vor­her und Ande­re auch danach ver­such­ten am 20.10.2018 Ober­mä­tin Hel­la und Ober­maat Tors­ten mit der gebüh­ren­den Ernst­haf­tig­keit den thea­ter­be­geis­ter­ten Land­rat­ten das Setz­ten des Damen­s­e­gels (Besan) und des Groß­se­gels beizubringen.

In alter See­s­port­ma­nier wur­de erst­mal das "Schiff" opti­miert, indem durch Anbrin­gen eines Acht­kno­tens am Groß­fall das Aus­rau­schen an der Umlenk­rol­le und das Auf­schla­gen des Groß­se­gels ver­hin­dert wur­de, aller­dings mach­te dies den Sicher­heits­mann am Groß­fall lei­der nahe­zu über­flüs­sig. Es zeig­te sich auch, dass ein Acht­kno­ten inmit­ten einer lan­gen Lei­ne schon eine anspruchs­vol­le Auf­ga­ben­stel­lung ist, wobei der dort als Groß­fall ein­ge­setz­te Tam­pen durch­aus ver­gleich­bar mit der Vor­lei­ne der Aida gewe­sen sein dürfte.

Ange­zippt in Qua­si-Matro­sen­klei­dung ("Kron­stadt" – kam mir plötz­lich ziem­lich alt vor) haben wir ver­sucht, Gäs­te unter­schied­lichs­ten Gra­des von Inter­es­se, Hei­ter­keit und see­män­ni­schen Vor­kennt­nis­sen kurz­wei­lig zu beschäf­ti­gen mit dem pro­fa­nen Ziel des Erhal­tens eines Stem­pels in das Bord­buch. Das Ent­spann­te dar­an war, dass ich in die­ser Stun­de der Arbeit am Segel nur exakt zwei mir bekann­te Per­so­nen getrof­fen habe, also kaum Gele­gen­heit zur Blamage.

Da wir bei­de dienst­be­flis­sen bis 18 Uhr das Segel­set­zen betreu­ten und an die­sem Abend in den Genuss der von Tho­mas aus­ge­han­del­ten Frei­kar­ten kom­men soll­ten, pas­sier­te fol­gen­der Faux­pas: Hel­la und ich beka­men nur noch unter­schied­li­che Farb­bän­der – denn gel­be, rote und blaue Farb­bän­der kenn­zeich­ne­ten die Zuge­hö­rig­keit der Thea­ter­be­su­cher zu ver­schie­de­nen Grup­pen mit unter­schied­li­chen Wanderbewegungen.

Also gin­gen wir zu unter­schied­li­chen Stü­cken, die auf den ver­schie­dens­ten Büh­nen inner­halb des Hau­ses gespielt wur­den. Es waren inter­es­san­te Büh­nen­auf­bau­ten und thea­ter­ge­mä­ße Effek­te. Es wur­de nie lang­wei­lig, denn nach spä­tes­tens einer hal­ben Stun­de fan­den ein Spiel­stät­ten­wech­sel und damit eine erneu­te Wan­der­be­we­gung zu einem ande­ren Stück statt.

Mehr­mals traf man sich auch im gro­ßen Saal wie­der, wo ich mit Ober­mää­tin Hel­la die jeweils letz­ten Gescheh­nis­se aus­wer­ten konn­te. Das Inter­es­san­te war, dass nicht alle das Glei­che, nur eben in ande­rer Rei­hen­fol­ge sahen.

Man muss­te sich auf den Shake­speare-basier­ten Stoff ein­las­sen. Die Geschich­te ist schnell erzählt und endet glück­li­cher­wei­se mit einem Hap­py End. Das etwas Anstren­gen­de – Shakespeare'sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stil dif­fe­riert eben etwas zum heu­ti­gen – das ist Kul­tur­er­be! In einer lan­gen und einer kür­ze­ren Pau­se konn­te der Bedarf an Kalo­rien, Alko­hol, Kof­fe­in oder ein­fach nur Flüs­sig­keit gedeckt wer­den, die gas­tro­no­mi­sche Ver­sor­gung war ori­gi­nell und gut. Gegen 22:30 Uhr war dann end­lich das Hap­py End erreicht. In der fol­gen­den Pau­se stell­te sich dann die Fra­ge, was nun noch fol­gen kön­ne – es dürf­te auf kei­nen Fall mehr etwas so Tief­grün­di­ges sein, denn in dem Maße, wie die all­ge­mei­ne Kon­zen­tra­ti­on und Auf­nah­me­fä­hig­keit nach­ge­las­sen hat­te, nahm die Hei­ter­keit zu.

Also letz­ter Akt im gro­ßen Saal: Miran­da und Fer­di­nand in der Jetzt-Zeit, sie erin­ner­ten ein wenig an Wen­zel & Men­sching und stell­ten aktu­el­le Fra­gen zum Frü­her und Heu­te: "Seid Ihr links, seid Ihr rechts ... Ras­sis­mus – gab's bei uns frü­her nicht ...". Da war es schon manch­mal still im Saal! Glück­li­cher­wei­se wur­den wir dann ja wie­der mit gemein­sa­mem Gesang ins Leben zurück­ge­holt – die­ser Text könn­te durch­aus auch Ver­eins­mot­to wer­den! Es war ein sehr kurz­wei­li­ger letz­ter Akt, und es folg­ten noch dem Alters­durch­schnitt ange­passt solch tief­grün­di­ge Dia­lo­ge wie:

Miran­da: "Weißt du, was das Schö­ne am Altern ist?"
Fer­di­nand: "Nee."
Miran­da: "Ich auch nicht."

Oder auch nur ein­fa­che Erkennt­nis­se wie:

Was ist das, wenn sich eine Blon­di­ne die Haa­re braun färbt? Künst­li­che Intelligenz.

Es war ein tol­ler, auf­hei­tern­der letz­ter Akt, der so gegen Mit­ter­nacht ende­te. Für so viel Kul­tur war zwar etwas Steh­ver­mö­gen not­wen­dig, aber der gesam­te Abend hat viel Freu­de berei­tet und wenn es sich wie­der ergibt – unbe­dingt und gern wieder!

Tors­ten.

PS: Bevor es in Ver­ges­sen­heit gerät: Zu den Hafen­nut­ten wäre viel­leicht noch zu sagen, sie pass­ten zum Stück und zum Milieu – aber so groß kann die sexu­el­le Not nicht werden ...

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